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Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen

1. Einleitung

Extremwertaufgaben sind ein fester Bestandteil vom Abitur und haben auch in der echten Welt einige Anwendungen.

Stell dir vor, du bist auf einem Festival und möchtest deinen Platz rechteckig einzäunen. Dafür hast du 20m Zaun dabei und dein Platz grenzt an den Zaun vom Festivalgelände. Wie wird nun dein Bereich möglichst groß? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir Extremwertaufgaben beherrschen.

Allgemein geht es bei Extremwertaufgaben also darum, etwas so groß wie möglich, so günstig wie möglich oder eben allgemein so extrem wie möglich (maximal oder minimal) zu bekommen. Außerdem gibt es immer eine zusätzliche Einschränkung, die erfüllt sein muss, wie zum Beispiel die Länge des Zauns einzuhalten.

Diese Aufgabenart ist immer folgendermaßen aufgebaut:

  • Hauptbedingung: Was soll maximiert oder minimiert werden? Wir suchen nach einer allgemeinen Formel.
  • Nebenbedingung: Welche Einschränkung muss beachtet werden? Wir suchen nach einer Formel mit der Zahl aus der Aufgabe.

Hier lernst du, Extremwertaufgaben zu erkennen, die Haupt- und Nebenbedingung aufzustellen und welche Schritte dich zuverlässig und schnell zur Lösung bringen.

Benötigtes Vorwissen:

Um in diesem Kapitel alles zu verstehen, solltest du am besten Folgendes verstanden haben und anwenden können:

  • Textaufgaben verstehen und in Gleichungen umwandeln
  • grundlegende Formeln für Flächeninhalte und Volumen kennen
  • Funktionen sicher ableiten
  • Extrempunkte von Funktionen finden
  • Gleichungen sicher umstellen und lösen

Lass uns nun zuerst eine allgemeine Lösungsstrategie anschauen, dann rechnen wir ein typisches Beispiel detailliert durch und gucken uns noch häufige Fehler an. Am Ende kannst du dein Wissen mit Übungsaufgaben selbst testen.

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2. Allgemeine Lösungsstrategie

Mit den folgenden Schritten kannst du jede Extremwertaufgabe systematisch angehen und sicher zur richtigen Lösung gelangen:

  1. Aufgabenstellung verstehen (eventuell eine Skizze anfertigen, wenn es dir persönlich dabei hilft)
  2. Hauptbedingung aufstellen (was möchten wir maximieren oder minimieren? Finde eine Formel dafür)
  3. Nebenbedingung aufstellen (welche Einschränkung müssen wir beachten? Die Formel enthält die eine in der Aufgabe gegebene Zahl)
  4. Nebenbedingung nach irgendeiner Variable umstellen (überlege, welche am einfachsten ist)
  5. Erhaltene Formel in Hauptbedingung einsetzen (ersetze die Variable in der Hauptbedingung durch deine umgestellte Nebenbedingung) → diese Gleichung nennen wir “Zielfunktion”, die nur noch von einer Variablen abhängt
  6. Sinnvollen Bereich der Variablen festlegen (welche Werte der Variablen ergeben im Kontext Sinn?)
  7. Extremstellen und Art der Extrema bestimmen
    Wie mache ich das?
    • Zielfunktion ableiten (Erste Ableitung $f'(v)$ bilden).
    • Erste Ableitung Null setzen ($f'(v) = 0$).
    • Gleichung lösen, um mögliche Extremstellen $v_E$ zu bestimmen.
    • Zweite Ableitung der Zielfunktion bilden ($f''(v)$).
    • Art der Extrema bestimmen:
      • Setze die möglichen Extremstellen für $v$ in die zweite Ableitung $f''(v)$ ein:
      • Ist das Ergebnis $f''(v_E) > 0$, gehört der Wert zu einem lokalen Minimum.
      • Ist das Ergebnis $f''(v_E) < 0$, gehört der Wert zu einem lokalen Maximum.
      • Ist das Ergebnis $f''(v_E) = 0$, musst du das Vorzeichenwechselkriterium von $f'(v)$ nutzen:
        • Wechselt $f'(v)$ bei $v_E$ von $+$ nach $-$ $\rightarrow$ lokales Maximum.
        • Wechselt $f'(v)$ bei $v_E$ von $-$ nach $+$ $\rightarrow$ lokales Minimum.
    • Funktionswert der passenden Extremstelle in die Zielfunktion $f(v)$ einsetzen. Das gibt dir den Wert des lokalen Maximums oder Minimums.
  8. Randwerte überprüfen (setze in der Zielfunktion die Randwerte für die Variable ein und überprüfe, ob du extremere Werte erhältst als bei den lokalen Extrema aus Schritt 7. Falls ja, dann ist der Randwert die gesuchte Lösung für das globale Extremum)
  9. Gefundene Extremstelle in Nebenbedingung einsetzen (um übrige Variable(n) zu bestimmen)
  10. Gefundene Extremstelle (und andere Variablen) in Hauptbedingung einsetzen (um die gesuchte Größe zu überprüfen)
  11. Antwort formulieren

Übe diese Strategie jetzt Schritt für Schritt!

Du möchtest die einzelnen Schritte dieser Lösungsstrategie gezielt trainieren, bevor du dich an komplette Aufgaben wagst? Dann sind unsere neuen Mini-Lektionen genau das Richtige für dich!

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3. Beispielaufgabe: Das Festival-Camp

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Aufgabenstellung: "Du bist auf einem Festival und möchtest mit deinen Freunden einen rechteckigen Bereich für eure Zelte abstecken. Ihr habt insgesamt 20 Meter mobilen Zaun dabei. Eine Seite eures Camps soll direkt am Bauzaun des Festivalgeländes liegen, sodass ihr für diese Seite keinen eigenen Zaun benötigt. Wie müsst ihr die Seitenlängen eures Camps wählen, damit die abgezäunte Fläche maximal wird, und wie groß ist diese maximale Fläche?"

Schritt 1: Aufgabenstellung verstehen

Gegeben:

  • $20 \text{ m}$ langer Zaun
  • Rechteckiges Camp
  • Eine Seite am Bauzaun (benötigt keinen mobilen Zaun)

Gesucht:

  • Seitenlängen $x$ und $y$ des Camps in $\text{m}$
  • Flächeninhalt $A$ des Camps in $\text{m}^2$

Skizze:

Skizze eines Rechtecks für das Festival-Camp mit Seitenlängen x (senkrecht zum Bauzaun) und y (parallel zum Bauzaun). Ein vorhandener Bauzaun bildet eine der y-Seiten.
Skizze des Festival-Camps

Wir definieren: $x$ ist die Länge der Seiten senkrecht zum Bauzaun, $y$ ist die Länge der Seite parallel zum Bauzaun.

Schritt 2: Hauptbedingung aufstellen

Wir möchten die Fläche $A$ maximieren, also brauchen wir eine Formel für die Fläche von einem Rechteck als Hauptbedingung.

Die allgemeine Formel für die Fläche eines Rechtecks ist $A = \text{Länge} \cdot \text{Breite}$. Mit unseren Variablen $x$ und $y$ ergibt das:

$$A = x \cdot y$$

Schritt 3: Nebenbedingung aufstellen

Die gegebene Einschränkung ist die Länge des Zauns mit $20 \text{ m}$.

Wir wollen zweimal die Seite $x$ (senkrecht zum Bauzaun) und einmal die Seite $y$ (parallel zum Bauzaun) einzäunen. Die vierte Seite des Rechtecks, die auch $y$ lang wäre, wird durch den vorhandenen Bauzaun abgedeckt.

Damit ergibt sich die Formel:

$$2x + y = 20$$

Schritt 4: Nebenbedingung umstellen

Wir überlegen uns zuerst, dass wir die Nebenbedingung lieber nach $y$ umstellen, da wir sonst Brüche erhalten:

$$2x + y = 20 \quad | -2x$$

$$y = 20 - 2x$$

Schritt 5: umgestellte Nebenbedingung in Hauptbedingung einsetzen, um die Zielfunktion zu bilden

Die Hauptbedingung war $A = x \cdot y$ und die umgestellte Nebenbedingung war $y = 20 - 2x$.

Ersetzen wir $y$ in der Hauptbedingung durch $(20 - 2x)$, ergibt sich:

$$A(x) = x \cdot (20 - 2x)$$

Ausmultiplizieren ergibt dann die Zielfunktion $A(x)$, die nur noch von $x$ abhängt:

$$A(x) = 20x - 2x^2$$

Diese Formel hängt nur noch von einer Variablen ab, somit haben wir unsere Zielfunktion korrekt aufgestellt.

Schritt 6: Sinnvollen Bereich der Variable festlegen

Da $x$ die Länge einer Seite des Zauns ist, muss $x$ positiv sein ($x > 0$).

Da wir nur $20 \text{m}$ Zaun haben und zweimal die Seite $x$ einzäunen müssen kann $x$ nicht länger als $10 \text{m}$ sein ($x < 10$).

Der sinnvolle Bereich für $x$ ist also $0 < x < 10$.

Schritt 7: Extrempunkte und Art der Extrema bestimmen

Erste Ableitung der Zielfunktion $A(x) = 20x - 2x^2$ bilden:

$$A'(x) = 20 - 4x$$

Erste Ableitung Null setzen ($A'(x) = 0$):

$$0 = 20 - 4x$$

Umstellen nach $x$:

$$0 = 20 - 4x \quad | +4x$$

$$4x = 20 \quad | :4$$

$$x = 5$$

Das bedeutet, dass $x=5$ unser Kandidat für eine Extremstelle ist.

Zweite Ableitung der Zielfunktion bilden:

$$A''(x) = -4$$

Beim Einsetzen des Kandidaten $x=5$ erhalten wir $A''(5) = -4$.

Da $A''(5) = -4 < 0$ ist, haben wir an der Stelle $x=5$ ein lokales Maximum gefunden (was auch laut Aufgabenstellung unser Ziel war).

Einsetzen von unserem Kandidaten $x=5$ in die Zielfunktion ergibt den Wert des lokalen Maximums:

$$A(5) = 20 \cdot 5 - 2 \cdot 5^2 = 100 - 2 \cdot 25 = 100 - 50 = 50$$

Schritt 8: Randwerte prüfen

Wir betrachten die Randwerte $0$ und $10$ und setzen sie für $x$ in die Zielfunktion $A(x) = 20x - 2x^2$ ein:

Für $x=0$ ergibt sich: $A(0) = 20 \cdot 0 - 2 \cdot 0^2 = 0$.

Für $x=10$ ergibt sich: $A(10) = 20 \cdot 10 - 2 \cdot 10^2 = 200 - 200 = 0$.

Unser lokales Maximum aus Schritt 7 hat den Wert $A(5) = 50$. Da $50$ der größte der drei Werte ist, liegt bei $x=5$ tatsächlich das globale Maximum.

Schritt 9: Übrige Variable bestimmen

Wir setzen unseren Wert für die Extremstelle $x=5 \text{ m}$ in unsere umgestellte Nebenbedingung $y=20-2x$ ein:

$$y = 20 - 2 \cdot 5 = 20 - 10 = 10$$

Schritt 10: Gesuchte Größe überprüfen (Kontrolle)

Zur Kontrolle setzen wir unseren Lösungswert $x=5 \text{ m}$ und die andere Variable $y=10 \text{ m}$ in die Hauptbedingung $A=x \cdot y$ ein:

$$A = 5 \text{ m} \cdot 10 \text{ m} = 50 \text{ m}^2$$

Das stimmt mit dem Wert aus Schritt 7 überein.

Schritt 11: Antwort formulieren

"Um mit $20 \text{ m}$ Zaun eine möglichst große rechteckige Camp-Fläche an dem vorhandenen Bauzaun abzugrenzen, müssen die beiden Seiten $x$ (senkrecht zum Bauzaun) jeweils $5 \text{ m}$ lang sein und die Seite $y$ (parallel zum Bauzaun) muss $10 \text{ m}$ lang sein. Die maximale Fläche des Camps beträgt dann $50 \text{ m}^2$."

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4. Typische Fehler

Extremwertaufgaben haben einige häufige Fehlerquellen, auf die du achten solltest, um sie direkt zu vermeiden:

Falsche Hauptbedingung

Problem: Es wird eine Formel für eine Größe aufgestellt, die gar nicht maximiert oder minimiert werden soll (z.B. der Umfang statt der Fläche).

Falsche oder unvollständige Nebenbedingung(en)

Problem: Die Einschränkungen aus dem Text werden nicht korrekt in eine mathematische Gleichung übersetzt oder eine Einschränkung wird übersehen.

Tipp: Markiere alle Zahlen im Text und überlege dir, wie die Variablen zusammenhängen. Dabei kann dir die Skizze oft helfen.

Variablen verwechselt

Problem: Die Bedeutung von deinen Variablen ist unklar und wird deshalb während der Rechnung vertauscht.

Tipp: Gib den Variablen einen Namen, der für dich Sinn ergibt (besonders in Bezug auf die Skizze, verwende z.B. anstatt $x$ die Variable $b$ für die Breite eines Objekts).

Zielfunktion nicht korrekt gebildet

Problem: Die Nebenbedingung wird nicht richtig aufgelöst oder falsch in die Hauptbedingung eingesetzt. Die Zielfunktion darf am Ende wirklich nur noch von einer Variablen abhängen.

Sinnvoller Bereich der Variablen nicht (korrekt) gebildet

Problem: Es wird nicht überlegt, welche Werte die Variable im Kontext annehmen darf (z.B. kann eine Länge nie negativ sein).

Tipp: Frage dich immer: Gibt es sinnvolle Grenzen für meine Variable? Oft gilt hier $x > 0$!

Randwerte nicht oder falsch überprüft

Problem: Es wird nur das lokale Extremum innerhalb des Definitionsbereichs gefunden, aber nicht geprüft, ob das absolute (globale) Extremum vielleicht an einem Rand des Definitionsbereichs liegt. Schritt 8 unserer Strategie wird also übersprungen.

Nicht alle gesuchten Größen berechnet

Problem: Es wird oft nur der Wert für die Variable des Extremums (z.B. $x$) berechnet, aber nicht andere gesuchte Größen (z.B. die zweite Seitenlänge $y$ oder der Wert des Maximums/Minimums selbst).

Tipp: Notiere dir gleich am Anfang (Schritt 1 unserer Strategie): Was ist alles gesucht? Hake diese Punkte am Ende deiner Rechnung ab.

Antwortsatz ist ohne Einheiten (oder unvollständig)

Tipp: Ein vollständiger Antwortsatz enthält immer die korrekten Einheiten und beantwortet die gestellte Frage im Sachzusammenhang vollständig.

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5. Übungsaufgaben

Noch unsicher bei den Grundlagen?

Festige dein Wissen zu den einzelnen Lösungsschritten mit unseren Mini-Lektionen, bevor du die vollständigen Übungsaufgaben rechnest.

Zu den Mini-Lektionen

Übung 1: Das maximale Fenster

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Aufgabenstellung: Ein rechteckiges Fenster soll eine möglichst große Fläche haben, damit möglichst viel Sonnenlicht in den Raum kommt. Der Umfang dieses Fensters soll $8 \text{ m}$ sein. Welche Seitenlängen muss das Fenster haben, damit seine Fläche maximal wird, und wie groß ist diese maximale Fläche?

Gib hier deine berechneten Endergebnisse ein:

Übung 2: Die optimale Konservendose

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Aufgabenstellung: Eine zylindrische Konservendose soll ein Volumen $V$ von $1000 \text{ cm}^3$ haben. Der Materialverbrauch für Boden, Deckel und Mantel der Dose soll dabei möglichst gering sein (d.h. die Oberfläche soll minimal sein). Welchen Radius $r$ und welche Höhe $h$ muss die Dose haben, um die Oberfläche $O$ zu minimieren, und wie groß ist diese minimale Oberfläche?

Gib hier deine berechneten Endergebnisse ein (runde auf eine Nachkommastelle, falls nötig):

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Super, du hast es geschafft!

Nun haben wir gemeinsam alles gelernt, um Extremwertaufgaben im Abitur zu meistern. Wir hoffen du fühlst dich jetzt sicher damit.

Da sich MatheAsse noch in der sehr frühen Entwicklung befindet und wir die Plattform so gut wie möglich für dich und andere Abiturientinnen und Abiturienten gestalten möchten, ist dein Feedback jetzt Gold wert!

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